Die Haftung der Geschäftsführer juristischer Personen – Welchen Neuerungen des neuen Buch 6 des Zivilgesetzbuches sollte besondere Beachtung geschenkt werden?

Buch 6 ZGB befasst sich mit den Bestimmungen über die außervertragliche Haftung und sieht die Beendigung der automatischen Quasi-Immunität der Erfüllungsgehilfen vor. Dieser Punkt wurde bereits in unserem CLI vom 14. Mai 2024 angesprochen. Die Neuerung hat wichtige Auswirkungen auf die Haftung der Geschäftsführer von juristischen Personen.

Zur Erinnerung: Eine juristische Person kann selbst keine Rechtshandlungen vornehmen. Sie muss sich auf Vertreter stützen, um ihren Verpflichtungen nachzukommen. In den meisten Fällen sind es die Geschäftsführer, die diese Funktion des Erfüllungsgehilfen innehaben.

Derzeit genießen die Geschäftsführer eine Quasi-Immunität. Das bedeutet, dass sich die Gläubiger juristischer Personen nicht direkt an sie wenden können, wenn sie in der Ausübung ihres Mandates Fehler begehen und dadurch Schaden verursachen.

Durch die Einführung des neuen Buch 6 des Zivilgesetzbuches wird es nun allerdings möglich sein, eine außervertragliche Klage direkt gegen die Geschäftsführer zu erheben. Artikel 6.3, §2 des Zivilgesetzbuches sieht jedoch bestimmte Verteidigungsmittel für den Erfüllungsgehilfen vor (außer im Falle vorsätzlichen Irrtums oder Schädigung der physischen oder psychischen Integrität des Gläubigers).

Unklar ist ferner, ob und in welchem Umfang sich ein Geschäftsführer gegenüber Dritten auf eine ihm auf der Jahresversammlung erteilte Entlastung seiner Handlungen als Geschäftsführer berufen kann, um eine gegen ihn gerichtete Haftungsklage anzufechten.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Buch 6 des Zivilgesetzbuches für jede Vertragspartei oder jeden Gläubiger der juristischen Person die Möglichkeit eröffnet, eine Haftungsklage direkt gegen die Geschäftsführer zu erheben. Das Risiko der Insolvenz der juristischen Person kann somit auf die Geschäftsführer übergehen und ein Gläubiger könnte sich im Falle einer Insolvenz direkt an den Geschäftsführer wenden.

Daher ist es wichtig, auf die Haftungsbestimmungen im Hauptvertrag zu achten, den eine juristische Person mit einem dritten Vertragspartner abschließt. Artikel 6.1 des Zivilgesetzbuches sieht nämlich vor, dass die Bestimmungen ergänzendes Recht sind. Die Parteien können also vertraglich von ihnen abweichen und für den Geschäftsführer günstigere Haftungsbedingungen vorsehen.

Wir raten demnach an, geltende Vereinbarungen und allgemeine Geschäftsbedingungen bereits jetzt anzupassen. Für weitere Informationen zu diesem Thema können Sie sich gerne an Rechtsanwalt Antoine DECLEVE wenden.